Unsere regionale
Obstvielfalt im Klimawandel

In Mitteleuropa waren noch Anfang des 20. Jahrhunderts bis zu 3.000
Apfelsorten bekannt. Ein Großteil ist mit den strukturellen Änderungen in der Landwirtschaft und mit dem zunehmenden Flächenverbrauch verschwunden.

Vielfältige Lebensräume, wie wir sie in der Kaunergratregion noch antreffen, sind eine Voraussetzung für eine gute Anpassung an den Klimawandel - das gilt auch für den Obstbau. Mit dem Projekt KLAR! Kaunergrat wollen wir das Bewusstsein schärfen, wie wichtig der Erhalt unserer Sortenvielfalt für eine erfolgreiche Landwirtschaft
in der Zukunft sein wird. In der Hoffnung, dass auch nachfolgende
Generationen eine „Wahl“ haben!


Im Obstbau hat man schon immer
versucht, Sorten zu finden, die mit
dem regionalen Klima KLAR kommen
und einen guten Ertrag liefern.

Bereits im 18. Jahrhundert wurde der regionale Obstanbau auch in Tirol intensiv gefördert. Obstbäume waren damals nur in großkronigen Formen erhältlich und Obstgärten benötigten dementsprechend viel Platz. Aus diesem Grund bildete sich in vielen Tiroler Dörfern neben dem klassischen „Bangert“ in Hofnähe ein charakteristischer Gürtel an Streuobstwiesen um die Dörfer. In Zeiten
knapper landwirtschaftlicher Ressourcen wurden diese häufig dort angelegt, wo die Wiesen- oder Ackernutzung unrentabel war. Diese Obstwiesen findet man auf wärmebegünstigten Terrassen oder
steilen Böschungen, welche auch als Weideflächen dienten.

Das Handwerk des Veredelns von Bäumen beherrschten damals sehr viele Bauern. Durch den Tausch von Edelreisern kamen Sorten aus aller Welt zu uns. Menschen aus der Region versuchten, diese Sorten in Hinblick auf Eigenschaften wie Anpassung an Lokalklima und Standort sowie Geschmack zu optimieren. Im Laufe der Jahrzehnte
entstand dadurch eine Vielzahl von Sorten. Unseren heutigen Ansprüchen würden manche dieser Früchte optisch oder geschmacklich nicht immer entsprechen. Andere zeichnen
sich bis heute durch hervorragende Qualität aus.

Mitte der 1930er-Jahre des erreichte die Sortenvielfalt in Mitteleuropa ihren Höhepunkt, mit etwa 3.000 – zum Teil sehr lokalen – Apfelsorten.

In Österreichs Streuobstwiesen wurden von der ARGE Streuobst
3.750 Obstsorten nachgewiesen. Viele dieser Sorten kommen heute
nur mehr lokal vor und sind in ihrem Fortbestand bedroht. Mit ihrem Verlust gehen auch Standortanpassungen sowie traditionelles Wissen über Lagerung und Verarbeitung verloren.


Vielfalt als Chance

für die ökonomischen und ökologischen Ansprüche in der Zukunft

Gegenwärtig ist in Tirols Gärten noch eine große Obstvielfalt vorhanden, und damit auch eine große genetische Vielfalt. Sie beinhaltet ein Reservoir an verschiedensten Frucht- und Baumeigenschaften, sowie Krankheits- und Schädlingsresistenzen. Alleine in Tirol wurden aktuell etwa 400 Apfelsorten nachgewiesen (Grünes Tirol). Diese Vielfalt beherbergt möglicherweise Sorten, die sich in Zukunft ökologisch und ökonomisch bewähren werden. Deshalb ist es ein erklärtes Ziel der KLAR! Kaunergrat – gemeinsam mit den Obstbauvereinen – diese Sortenvielfalt zu nutzen, um besser für den Klimawandel gerüstet zu sein.


270 Apfelsorten, die in den letzten Jahrzehnten gezüchtet wurden, gehen auf nur 6 Ursprungssorten zurück. Genetisch und auch geschmacklich sind sie sich sehr ähnlich. Im Handel erhältlich sind zurzeit nur etwa 20 Apfelsorten.